Personen | Treffen/Publikationen | Fotografien | Intern | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sie sind hier: Homepage → Treffen → jusla-28 XXVIII. JungslavistInnen-Treffen 2019 in Hamburgvom 18. bis 20. September 2019 an der Universität Hamburg Gehaltene Vorträge
Tagungsbericht von Martin HenzelmannVom 18. bis 20. September 2019 wurde am Institut für Slavistik der Universität Hamburg die XXVIII. Konferenz der Jungslavistinnen und Jungslavisten ausgerichtet. Diskutiert wurden Themen und Methoden der diachronen und synchronen slavischen Sprachwissenschaft, einschließlich der generativen Linguistik sowie der Translations-, der Kontakt- und der Diskurslinguistik. Anastasia Bauer (Köln) referierte zum Thema »Semantische Eigenschaften der unpersönlichen Konstruktionen im Ost- und Westslavischen: eine vergleichende Korpusstudie«. Sie besprach vor allem unpersönliche Passiva, unpersönliche Reflexivkonstruktionen, Infinitivverben, die dritte Person Plural u. a. Anhand der umfassenden ParaSol-Korpusdaten ermittelte sie zunächst die Strategien zur Übersetzung der deutschen man-Konstruktion im Russischen und im Tschechischen. Es schloss sich ein Vergleich der Frequenz und Verteilung sowie der syntaktischen und semantischen Eigenschaften von unpersönlichen Konstruktionen in diesen beiden Sprachen an. Ruben Biewald (Gießen) thematisierte Überlegungen zu »Pantelejmon Kuliš und der Schaffung eines ukrainischen Bibelstils«. Am Beispiel der Verwendung von Partizipien wurde gezeigt, dass die ukrainische Variante dem griechischen Originaltext entspricht. Im Vergleich mit dem russischen Text fiel hingegen auf, dass in der Redeeinleitung und bei den Verben der Fortbewegung Unterschiede bestehen, die nicht durch stilistische, sondern durch sprachsysteminterne Prinzipien bedingt sind. Petr Biskup (Leipzig) gab in seinem Vortrag »Übersetzung und slavische Sprachen: Der Weg zum Korpus« einen Überblick über die Geschichte des Übersetzens und über die Werkzeuge des Übersetzers. Des Weiteren wurden verschiedene Hilfsmittel vorgestellt und verglichen, von den ältesten Stein-Glossaren über elektronische Wörterbücher bis hin zu Online-Hilfsmitteln wie Parallelkorpora, Baumbanken und Online-Übersetzungsdiensten. Christina Clasmeier (Bochum) stellte die Ergebnisse einer Untersuchung mit dem Titel »Wie kann man messen, welche Wortfolge Sprecher/innen akzeptieren? Versuch einer Sentence Repetition Task« mit erwachsenen Polnischsprecherinnen und Polnischsprechern vor. Die zu wiederholenden Sätze enthielten Substantiv-Adjektiv-Konstruktionen in normgerechter oder von der Norm abweichender Wortfolge. Anders als erwartet wiederholten die Polnischsprecherinnen und Polnischsprecher auch Konstruktionen mit abweichender Wortfolge (z.B. kąpielowyAdj basenSubst statt basenSubst kąpielowyAdj ›Schwimmbecken‹), ohne diese zu ›korrigieren‹. Martin Henzelmann (Hamburg) sprach zu »Aktuellen Herausforderungen der Lexikographie des Bunjewatzischen in Serbien«. Diese Herausforderungen, denen die Bunjewatzen im digitalen Zeitalter begegnen müssen, sind sehr komplex und in der Praxis nicht immer einfach zu handhaben. Im Jahre 2013 wurde ein Onlinewörterbuch auf Initiative der Serbischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Belgrad erarbeitet, welches allerdings nur wenige Lemmata beinhaltet. Im Gegensatz dazu erschien im Jahre 2018 ein neubearbeitetes Wörterbuch, welches ausführlich vorgestellt wurde. In seiner Präsentation mit dem Titel »Der Fall Alec Holowkas: Eine linguistische Analyse« befasste sich Nicolas Jansens (Heidelberg) mit der englisch- und russischsprachigen Berichterstattung über den rezenten Todesfall eines Computerspielentwicklers. Seine Analyse bezieht sich auf ein Korpus von 36 englisch- und 40 russischsprachigen Onlineartikeln, deren Inhalt vergleichend dargestellt wurde. Dabei zeigten sich teilweise erhebliche Unterschiede zwischen den englischen und den russischen Versionen. Irenäus Kulik (Göttingen) ging der Frage nach, ob populäre Musik als sprachwissenschaftliche Quellengattung zur Untersuchung grammatischer Phänomene tauglich ist (»Populäre Musik. Eine unterschätzte Quellengattung? Das Beispiel Oberschlesisch«). Anhand von oberschlesischen Liedtexten wurde gezeigt, dass neben lexikalischen Besonderheiten auch die Phonologie, Morphologie und Syntax sinnvoll untersucht werden können. Der Vortrag von Anna-Maria Meyer (Köln) war »Slavischen Einflüssen auf die Verbmorphologie des Romani (Tempus, Aspekt, Modus)« gewidmet. Besonders im ost- und westslavischen Sprachraum werden vielfach slavische Verbpräfixe und in seltenen Fällen sogar imperfektivierende Suffixe entlehnt. Im Beitrag wurden die bisherige Forschung und erste eigene Forschungsergebnisse auf der Grundlage der Romani Morpho-Syntax Database und schriftlichen Romani-Texten präsentiert. Alisa Müller (Bamberg) stellte am Beispiel einer zentralen Straße im Stadtzentrum von Minsk eine Möglichkeit vor, über die quantitative Auswertung von empirischen Daten zu Aussagen über den Zusammenhang von Sprachwahl, hier insbesondere der Entscheidung zwischen Belarussisch und Russisch, und Funktion eines Schildes zu gelangen (»Linguistic Landscape von Minsk: Ergebnisse einer quantitativen Untersuchung«). Mittels statistischer Methoden und graphischer Darstellung der Merkmale über die im Bild kodierten GPS-Daten auf einem Kartenausschnitt bestätigte sie die zu Beginn ihres Vortrags formulierte Hypothese, dass bereits die Funktion eines Schildes Einfluss auf die Wahl einer Sprache hat. Marianna Novosolova (Dresden) thematisierte in ihren Ausführungen zum Thema »Political Instrumentalisation of Language: The Case of Eastern Ukraine« die politische Instrumentalisierung von Sprache in der Ostukraine, wo vor allem pro-russische Kräfte einen dringenden Bedarf zum Schutz des Russischen sehen, wenngleich diese Sprache vor Ort sämtliche Ebenen des öffentlichen Raums nahezu konkurrenzlos dominiert. So wurde ein ursprünglich sprachwissenschaftlich konzipiertes Projekt zum Regiolekt im Donbas dokumentiert, welches nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk zum Politikum werden sollte und in den Medien äußerst kontrovers aufgegriffen wurde. In seinem Beitrag »Die Imperfekt/Aorist-Distinktion im Bulgarischen« ging Hagen Pitsch (Göttingen) auf Bedeutung, Gebrauch und Formenbildung der bulgarischen Vergangenheitstempora Aorist und Imperfekt ein. In einem intervall-basierten Rahmen wurden diese Eigenschaften formal erfasst. Der Aorist wurde als das unmarkierte Glied der relevanten Opposition identifiziert. Die Verwendbarkeit des Imperfekts auch in irrealen Kontexten wurde auf dessen ›temporale Vagheit‹ zurückgeführt. Simone Rajilić (Berlin) ging in ihrem Vortrag »Tuđmanizacija srpskog jezika? Zur Aushandlung von Nation in genderlinguistischen Debatten im ehemals serbokroatischen Sprachraum« darauf ein, wie die jugoslawischen Nachfolgestaaten Kroatien, Serbien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina die Benennung bzw. Appellation von Frauen im nominalen Bereich handhaben und hierbei nicht nur ihr ›serbokroatisches Erbe‹ verhandeln, sondern jeweils auch die sprachliche Alterität untereinander. In ihrem Beitrag zu Leseindikatoren stellte Nelli Ritter (Hamburg) einige Ergebnisse ihrer Erforschung der »Leseindikatoren im Russischen und Deutschen: eine Eye-Tracking-Studie mit Herkunftssprecher/innen und lebensweltlich Monolingualen« vor. Der Fokus lag auf der Gesamtdauer der Fixationen des stillen und lauten Lesens in beiden Sprachen. Ksenija Vossmiller (Hildesheim) ging in ihren Ausführungen zu »HerkunftssprecherInnen vs. HerkunftssprachenlernerInnen des Russischen im tertiären Bildungsbereich« der Frage nach, wie die mehrsprachigen Studierenden ihre Herkunftssprache kommunikativ in ihren Identitätsentwurf einbinden. Im Kontext der tertiären Bildung ist es dabei interessant zu hinterfragen, ob diese Gruppe der Studierenden dabei gesondert abzugrenzen ist. Valeria Wagner (Hamburg) sprach zum Thema »Alter(n)skonzept aus einer kontrastiv-diskurslinguistischen Perspektive«. Sie stellte die Ergebnisse aus ihrer Teilstudie zu Bezeichnungen von älteren Personen mit korreferierenden Altersangaben im öffentlichen Diskurs in Russland und in der russischsprachigen Migrationspresse im Kontrast vor. Veronika Wald (Regensburg) behandelte das Thema »Verbvalenzstrukturen des Russischen und des Deutschen bei Russisch-HerkunftssprecherInnen in Deutschland«. Es wurden einige Änderungen im Bereich der Verbvalenz bei der entsprechenden Gruppe vorgestellt und mit dem Gebrauch der deutschen Verbvalenzstrukturen bei denselben Personen verglichen. Außerdem wurden einige Faktoren hinterfragt, die bei der Entstehung bestimmter Valenzabweichungen eine zentrale Rolle spielen. Martin Henzelmann: Tagungsbericht zur XXVIII. Konferenz der JungslavistInnen: Institut für Slavistik der Universität Hamburg, 18.-20.09.2019. Zeitschrift für Slawistik 65 (2020) 1, 149-152.
|